Mercenaries [XBOX]

  • Titel: Mercenaries: Playground of Destruction
    Genre: 3rd Person Action/ Open World
    Release: 17.02.2005
    Version: Dt. Version (uncut)
    Xbox Live: Nein
    Spieleranzahl: 1 Spieler
    16:9: Nein
    360 kompatibel: Ja, stürzt aber in unregelmäßigen Abständen ab


    Mercenaries: Playground of Destruction war damals eines der letzten Spiele vor dem Kauf meiner Xbox 360, welches ich mir für den guten, alten, schwarzen Kasten zulegte. Schon 2005 waren Open World-Spiele keine neue Nummer mehr, doch der Markt war mit diesem Spielprinzip längst nicht so übersättigt wie er es heute ist. Ich jedenfalls freute mich zu jener Zeit immer über ein neues Spiel aus diesem Sektor; vor allem aber freute ich mich auf Mercenaries, da es schon im Vorfeld als ein GTA im Kriegsgebiet angepriesen wurde und die Videos vielversprechend aussahen.

    Einmal Korea und zurück

    Die Handlung von Mercenaries scheint aktueller denn je. Ausgangslage des Spiels ist ein fiktiver Krieg zwischen Nord- und Südkorea, in dem neben den Alliierten auch China interveniert. Der Spieler übernimmt die Rolle eines von wahlweise drei Söldnern, die alle über eine Spezialfähigkeit verfügen. So bewegt sich Matthias, der Schwede, am schnellsten, während Mui, das weibliche Pendant, ihr Glück in unauffälligen Herangehensweisen sucht. Der dritte im Bunde heißt Jacob, ist Amerikaner und steckt am meisten weg. Die Söldner sind, trotz ihrer kleinen Spezialfähigkeiten, völlig austauschbar, doch das ist nicht weiter schlimm.
    Der Spieleinstieg gestaltet sich sehr spektakulär. Der Spieler wird mittels Flugzeug über der DMZ, der demilitarisierten Zone, abgeworfen und landet umgehend in der Action. Während es überall um einen herum knallt und sich die Nordkoreaner und alliierte Soldaten mit Raketenwerfern, Sturmgewehren und Helikoptern Gefechte liefern, führt uns der erste Auftrag in die wenige Kilometer entfernte Basis der Alliierten Kräfte, die unter nordkoreanischem Artilleriebeschuss liegt.
    Gleich die ersten Minuten des Spiels machen einen unglaublich guten Eindruck. In grafischer Hinsicht überzeugt Mercenaries. Zwar kann es optisch zu keinem Zeitpunkt mit einem Riddick oder Halo 2 mithalten, doch dieser Umstand ist der Tatsache zu verschulden, dass das Spiel parallel auch für die technisch schwächere Playstation 2 entwickelt worden war. Dennoch: Was Mercenaries da auf den Bildschirm zaubert, ist viel mehr als alles, was ich Sonys Konsole je zugetraut hätte. RPG-Geschosse werden von dichten Rauchfahnen begleitet, hübsche Explosionen zerreißen Fahrzeuge in Stücke und schleudern die Einzelteile sichtbar durch die Gegend. Das alles passiert auf Grundlage einer gut funktionierenden Physikengine, die wirklich einiges auf dem Kasten hat; auch wenn sie in Form von in der Luft hängenden Objekten manchmal an ihre Grenzen stößt. In Mercenaries stehen genug Objekte herum, die nur darauf warten, in die Luft gejagt zu werden. Die ganze Spielwelt ist gespickt mit Holzkisten, Containern und anderen Details. Als wäre das nicht genug, sind große Teile der Umgebung komplett zerstörbar. Das bekommt der Spieler zum ersten Mal zu spüren, wenn er die unter Beschuss liegende Basis der Alliierten erreicht. Anfangs denkt man sich vielleicht noch, die einkrachenden und in riesige Staubwolken aufgehenden Gebäude wären nur Scripts, doch spätestens, wenn man selbst eine Feindbasis mit einem Kampfhelikopter unter Beschuss nimmt, wird man stauen, was man alles zerlegen kann. Zerstörte Objekte hinterlassen Rauchschwaden, die gen Himmel steigen und noch aus großer Entfernung gesehen werden können. Überhaupt suchen die Raucheffekte in Mercenaries ihresgleichen. Erscheint ein Helikopter auf der Bildfläche, fächert er den Rauch realistisch hinfort, die Bäume und Sträucher wackeln im Wind und beim Landen ist sogar der Downwash als grafischer Effekt dargestellt. Die Charaktere, vor allem die Hauptakteure, sind sehr detailliert gestaltet und auch die Besprechungszimmer der einzelnen Auftragsgeber zeugen von einer Menge Herzblut der Entwickler. Zwar sind einige Texturen, besonders in der Landschaft, sehr verwaschen und gerade die Zivilisten lassen den Detailreichtum vermissen, doch im Gegenzug bleibt zu sagen, dass Mercenaries IMMER zu 100% flüssig läuft. Seltene Popups trüben das Bild kaum. Einzig das Wasser, falls diese braunblaue Brühe tatsächlich Wasser darstellen soll, ist..nun ja...einfach hässlich. Aber Schwamm drüber, die Söldner können sowieso nicht schwimmen!

    In Nordkorea scheint immer die Sonne

    Manche Spieler hatten anno 2005 die Farblosigkeit des Spiels angeprangert. So herrschen auf dem Bildschirm fast immer die Farbtöne grau und braun vor, helle Akzente sucht man vergeblich. Man kann diesen Umstand sicherlich als grafische Unzulänglichkeit auslegen, ich jedoch würde nicht so weit gehen. Ich finde sogar, dass diese Art der Darstellung die ganze Atmosphäre des Spiels unterstreicht. Denn eines bleibt festzuhalten: Auch wenn GTA der Vater im Geiste ist, verzichtet Mercenaries fast vollständig auf dessen Humor. Zwar geben die Söldner den ein oder anderen Oneliner zum Besten, doch das Gesamtbild zeichnet ein, wenn auch vereinfachtes, so trotzdem realistisches Bild eines möglichen Krieges in Korea. Die einzelnen Parteien, insgesamt sind es vier, verfügen über fein gezeichnete Auftragsgeber, die nicht bloß Polygonhaufen sind. Hinter jeder Figur steckt eine Geschichte und auch der Verlauf des Spiels hält einige Überraschungen parat. Ich jedenfalls bin von der Handlung sehr beeindruckt, hier haben sich die Autoren mal wirklich Gedanken gemacht – ein Umstand, den ich im Videospielsektor des öfteren vermisse. Die Welt von Mercenaries ist rundherum glaubhaft.
    Die restliche Präsentation fügt sich nahtlos in dieses Bild ein: Die deutsche Synchronisation ist hervorragend gelungen, die einzelnen Sprecher passen perfekt. Ich will an dieser Stelle auch gleich die deutsche Version des Spiels empfehlen, denn diese ist vollkommen ungeschnitten. Auch die Menüs in Mercenaries, angelegt wie ein Betriebssystem, passen in das Gesamtbild und geben dem Spiel einen (noch immer) modernen Anstrich.
    Schade nur, dass es im Spiel keine Wettereffekte oder Tag- und Nachtwechesel gibt. Ein Feuergefecht in einer verregneten Nacht hätte der Atmosphäre die Krone aufgesetzt. Doch auch so wussten die Entwickler, wie sie die Stimmung des Spiels richtig zum Ausdruck bringen können und entwarfen daher einen wunderschönen Soundtrack. Marschiert der Spieler durch das trostlose und zerstörte Land, spielt dazu eine einsame Geige. Passiert etwas , dreht auch die Musik auf. Und die Titelmusik ist ein echter Ohrwurm. Letztlich fügen sich auch die wenigen gerenderten Zwischensequenzen positiv in das Gesamtbild ein. Der Sound kann sich dem aber nicht immer anschließen. Waffengeräusche und Explosionen hätten sich ruhig etwas knackiger anhören können.

    GTA...oder so?

    Zugegeben, das Gameplay hat eine Menge von GTA. Der Spieler bewegt sich in einer frei begehbaren Welt und nimmt wahlweise Aufträge von vier Parteien an. Nebenbei gibt es einige Bonusmissionen zu erfüllen und Objekte einzusammeln. Die Aufträge bringen Geld und Informationen, die den Spieler so Stück für Stück an den nordkoreanischen Obermotz Song und dessen Führungselite heranführen. Die Aufträge gestalten sich sehr abwechslungsreich. Mal spielt man den Babysitter für einen Journalisten, mal zerstört man eine ganze Basis, mal schmuggelt man Waren für die russische Mafia. Doch Vorsicht, denn die Parteien arbeiten gerne auch mal gegeneinander. So kann es sein, dass der Spieler es sich mit einer Partei verscherzt und deren Vertrauen mühsam wieder erarbeiten muss. Oder er zahlt einen kleinen Unkostenbeitrag...
    Dabei kann sich der Spieler zu Fuß bewegen oder einfach ein Fahrzeug kapern. Vom Zivilautos über Militärjeeps bis hin zu Panzern und Helikoptern kann alles gemopst werden. Zwar haben die Entwickler mit dem Waffenarsenal, dass sie den Nordkoreanern zur Verfügung gestellt haben, das Land maßlos überschätzt, aber wen stört das schon? Mich jedenfalls nicht, denn gerade die großen Panzerschlachten gehören zu den besten Momenten im Spiel.

    Wer die GTA-Teile gespielt hat, wird sich in Mercenaries sofort wie zu Hause fühlen. Doch die Entwickler konnten nicht nur gut klauen, sie haben auch einige eigene Ideen ins Spiel gebracht: So kann der Spieler mittels eines Onlineshops jederzeit Nachschub, Fahrzeuge und sogar Luftschläge anfordern. Eine feindliche Stellung mit einem Raketenschlag oder einem Stealthbomberangriff in die Luft jagen? Kein Problem! Solche Aktionen sind zwar sehr teuer, doch die Explosionen und Effekte sehen extrem cool aus und legen ganze Städte in Schutt und Asche. Und spätestens ab der Hälfte des Spiels muss sich der Spieler sowieso nicht mehr all zu viele Sorgen um das liebe Geld machen.

    Teil eines Ganzen

    Doch die Liebe steckt bei Mercenaries wahrlich im Detail. Gängige Waffensysteme und Militärvehikel sind im Spiel penibel genau nachgebaut worden, auch wenn sie nicht immer die richtigen Bezeichnungen tragen. So gibt es das HK G36 und das RPG ebenso wie den russischen Hind-Helikopter. Darüber hinaus verfügen viele Fahrzeuge über ein gutes Schadensmodell und optisch wie soundtechnisch wird deutlich, wenn sich die Lebenszeit eines Vehikels dem Ende neigt.
    Schön ist auch, dass sich die Welt von Mercenaries stets verändert. So spitzen sich die Konflikte zwischen den Parteien nicht nur innerhalb der Aufträge zu, sondern übertragen sich auch auf die Open World. Wenn die Chinesen und die Südkoreaner sich beispielsweise in der Handlung an die Gurgel gehen, dann kann es durchaus sein, dass der Spieler auch außerhalb der Aufträge plötzlich in eine Materialschlacht zwischen den Streithähnen gerät. Objekte, die der Spieler überdies während eines Auftrages zerstört, bleiben zerstört. Außerdem hat man beim Spielen ein ums andere Mal den Eindruck, dass man nicht der Nabel der Welt ist. So agieren die Parteien oft unabhängig vom Spieler und auch in einem Feuergefecht richten nicht alle Bots ihre Waffen auf unseren Söldner, sondern nehmen gleichermaßen dessen KI-Verbündete aufs Korn.
    Der Umfang des Spiels geht mit zwei großen Welten plus einigen Zusatzlevel auf alle Fälle in Ordnung. Selbst wenn man sich nur an den Hauptmissionen entlanghangelt, ist man gute 10 bis 12 Stunden beschäftigt.

    Ich sehe dich nicht, also kannst du mich auch nicht sehen!

    Leider ist die KI nicht sehr weit entwickelt. Vielmehr als Schießen und Laufen haben die Polygonkameraden nicht drauf. Zudem sind mir beim Spielen einige Aussetzer aufgefallen. Feinde drehen sich plötzlich um und starren wie der Fels in der Brandung ins Leere oder nehmen mich trotz Sichtkontakt nicht unter Feuer. Schade ist auch, dass die Schleichelemente nicht wirklich funktionieren. Zwar gibt es grundsätzlich immer die Möglichkeit, einen Auftrag unauffällig zu erledigen, doch meistens entdecken einen die Feinde schon auf Kilometer oder hören mich trotz Schalldämpfer. Außerdem ist das Spiel ein ums andere Mal sehr frustrierend. Zwar kann ich zu jeder Zeit speichern (außer innerhalb eines Auftrages), doch ist es manchmal sehr ärgerlich, wenn man nach 25 Minuten Gefecht stirbt, nur weil es die KI-Kameraden nicht schaffen, ihren Helikopter unfallfrei zu landen und sich daher entscheiden, meinen Kopf als Landefläche zu nutzen. Für Frust sorgt auch der Fakt, dass man, genau wie bei GTA, nicht schwimmen kann, sondern im Wasser umgehend das Zeitliche segnet.

    FAZIT

    Mercenaries ist eines der besten, vielleicht sogar das beste Open World-Spiel für die Xbox. Die minimalen Unzulänglichkeiten in Grafik und Gameplay verpuffen ob der gigantischen Präsentation, der schön inszenierten Handlung und dem Heidenspaß der Zerstörung.

  • Du hast es gut formuliert. Es muss nicht immer eine Grafikpracht sein. Hauptsächlich ist es wichtig, dass eine gewisse Atmosphäre glaubwürdig vermittelt wird. Als ich gelesen habe, dass es um einen fiktiven Krieg zwischen Nord und Südkorea geht, habe ich gar nicht daran gedacht, dass auch GTA Elemente vorkommen könnten. GTA ist ja auch klein wenig auf Fun ausgelegt auch wenn der Grundplot durchaus ernst gemeint sein kann :). Schön zu hören, dass auf Details geachtet wird. Wahrscheinlich auch ein Grund warum World of Tanks auf den PC so ein Erfolg heute immer noch ist. Hätte ich so eine XBOX, hätte ich mir das Spiel bestimmt noch näher angeschaut. Irgendwie sinnlos ist das ja mit der Kompabilität zur 360er , wenn es immer abstürzt ?

  • Ja, was heißt immer abstürzen? Man kann es schon spielen, aber die Abstürze nerven halt. Ansonsten gibt es das Spiel aber auch für PS2 und Gamecube (ich werde nur die entsprechenden Reviews von mir hier nicht einstellen, weil die sich bloß in Nuancen unterscheiden).

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